Product information "Gefährliche Lektüre: 11 Kurzgeschichten aus Korea"
Aus dem Koreanischen übersetzt von In-kyoung Ahn und Anneliese Stern-Ko
Nach dem Koreakrieg wurden viele westliche literarische Werke ins Koreanische übersetzt und rezipiert. Die Koreanische Literatur in deutscher Übersetzung fristet aber im Vergleich zu der seit einiger Zeit weltweit enorm erfolgreichen K-Pop-Kultur immer noch eher ein Schattendasein, und das ungeachtet der Tatsache, dass seit 2005, als Korea Gastland auf der Frankfurter Buchmesse war, nicht wenige Übersetzungen koreanischer Werke auf Deutsch veröffentlicht wurden. Für diese Anthologie wurden elf Erzählungen ausgewählt, die in der von der Korea Foundation herausgegebenen Vierteljahreszeitschrift Koreana erschienen sind. Die elf Autorinnen und Autoren dieser Werke sind zwischen 1958 und 1980 geboren und in Korea allesamt mit Literaturpreisen ausgezeichnet worden. Die Erzählungen spannen einen Bogen von der Joseon-Zeit (1392–1910) bis in die Zukunft, von der historischen Erzählung bis zur Sci-Fi-Literatur. Der illustrierte Band lädt dazu ein, sich unter verschiedenen Blickwinkeln dem Land Südkorea zu nähern.
INHALT
Vorwort
KIM Ae-ran: Die Nützlichkeit der Landschaft
KIM Deok-hee: Wenn die Sichel bellt
LEE Young-Hoon: Alle mögen Girls’ Generation
CHO Hae-Jin: Geleitschutz des Lichts
KIM E-Whan: Deine Verwandlung
KIM Kyung-Uk: Gefährliche Lektüre
LEE Jang-Wook: Das tanzende Zimmer des Iwan Menschikow
KIM Yeon-su: Die New York Bakery
YUN Dae-Nyeong: Bitterorangen
LEE Seung-u: Die Geschichte des Geschichtenerzählers
Erzählungen preisgekrönter koreanischer Autor_innen. Geschichten über Begegnungen und dramatische Situationen. Das Leben auf dem Land und in Seoul in den 50er, 60er Jahren. Die hier vorgestellten elf Autor_innen wurden zwischen 1918 und 1942 geboren, alle erhielten wichtige Literaturpreise und werden in Südkorea viel gelesen.Zu den einzelnen Erzählungen:In der Geschichte „Das Verhältnis“ arbeitet ein Mann als persönlicher Betreuer eines Gelähmten. Schließlich soll er dessen Leben leben. Wo beginnt das eigene Leben jenseits der Erwartungen, mit denen wir konfrontiert werden? Von Beziehungen, die so eng sind, dass die Grenzen der Individuen verschwimmen, handelt auch die Geschichte „Der Zwillingsbruder“, in der einer der Brüder den anderen abgrundtief hasst. Auch in anderen Geschichten spielt das Verhältnis zwischen zwei Protagonisten eine Rolle, die in unausweichlich erscheinender Weise miteinander verbunden sind, so in „Der Begleiter“ und „Der Orden“. In „Die Wiederbelebten“ entschließen sich drei alte Menschen ausdrücklich, gegen tradierte Rollen- und Familienbilder zu leben. „Der lästige Tod“ handelt vom Leben in anonymen großen Wohnsiedlungen der Stadt, die seit einigen Jahrzehnten existieren, auch „Das Kohlfeld“ hat den sozialen Strukturwandel zum Gegenstand, erzählt wird von den schwierigen Lebensumständen einer Frau auf dem Land. Sie baut Kohl an, während ihr Mann schon in der Stadt sein Glück sucht. „Die Nacht war gereift zum Umarmen“ spielt noch zu Kriegszeiten; der Protagonist ist von der Truppe desertiert. Was ist wirklich geschehen, was sind Alp- und Fieberträume? Die Erinnerung an das mögliche eigene Verbrechen beginnt aufzusteigen … „Der Zeuge“ spielt etwas später in den 50er Jahren in der streng antikommunistisch ausgerichteten Republik, in der jede kritische Äußerung unter den Verdacht des Verrats fallen konnte. Zwischen Schüttelfrost und Fieberanfällen ringt der an Tuberkulose erkrankte Protagonist darum, diese aus den Fugen geratene Realität, in der nicht mehr klar zu bestimmen ist, wer Freund und Vertrauter, wer Feind und Verräter ist, zu verarbeiten. „Die Geschichte Rauls“ spielt als einzige der Erzählungen nicht in Korea und nicht zwischen der Mitte des 20. und dem frühen 21. Jahrhundert. Stattdessen geht sie weit in der Zeit zurück und greift eine Geschichte aus der Bibel auf: Erzählt wird von Rabbi Raul, der seit Kindertagen mit einem gewissen Paulus in Freundschaft, aber auch Rivalität verbunden ist. „Ein hässlicher Topf kann nicht aus Zorn über seine Missgestalt den Töpfer beschimpfen. Der Töpfer gestaltet nach eigenem Belieben schöne wie hässliche Töpfe.“ Mit diesem dem sprachlichen Kosmos der Bibel entlehnten Gleichnis in seiner 1959 (eine Zeit, in der noch strenge Zensurregeln galten) erschienenen Erzählung formulierte Choi In Hun nicht weniger als ein Plädoyer für die Kunstfreiheit.In „Friedensmorgen“ begegnen sich zwei Menschen kurz nach dem Anschlag auf das World Trade Center unter außergewöhnlichen Umständen in einem Flugzeug auf dem Weg nach Seoul. Sie verbringen eine Nacht miteinander. Die hier vorgestellten elf Autor_innen wurden zwischen 1918 und 1942 geboren, alle erhielten wichtige Literaturpreise und werden in Südkorea viel gelesen. Der Krieg von 1950 bis 1953 sowie die Jahre der Militärdiktatur waren prägende Lebenserfahrungen, die in einen Teil der Erzählungen auf verschiedene Weise einfließen.Inhalt: Yi Kyu Hee, Das Kohlfeld – Yu Zae Yong, Das Verhältnis – Zon Sang Guk, Der Begleiter – Yi Dong Ha, Der lästige Tod – Kim Guk Tae, Der Orden – Pak Yon Hee, Der Zeuge – Sin Sang Ung, Der Zwillingsbruder – Choi In Hun, Die Geschichte Raul – Soh Gi Won, Die Nacht war gereift zum Umarmen – Kim Mun Su, Die Wiederbelebten – Kim Young Hee, Der Friedensmorgen.Heute gilt in Südkorea die Freiheit der Meinung, der Presse und der Kunst. Doch in der Mitte des 20. Jahrhunderts musste sich die Literatur gegen schwerwiegende Eingriffe behaupten. Im Jahr 1940 verbot die japanische Kolonialmacht alle Druckerzeugnisse in koreanischer Sprache und darüber hinaus auch den Koreanisch-Unterricht an den Schulen. Unter diesen Vorzeichen konnte die koreanische Literatur nur klandestin im Untergrund und jenseits der Heimat im Exil überleben.Nach der Befreiung von Japan 1945 kam die südliche Hälfte Koreas unter US-amerikanische Verwaltung. Die 1948 daraus hervorgehende Republik Korea war strikt antikommunistisch ausgerichtet und entwickelte sich rasch zu einem autokratischen System. Den Machthabern unangenehme Zeitschriften und Bücher wurden verboten. Es galten strenge Zensurgesetze, jede Kritik am Regime stand unter dem Generalverdacht des »Verrats« und konnte als »kommunistische Subversion« denunziert werden.Und so zeigt sich in manchen dieser Texte auch die Kunst, durch Anspielungen und Doppelbödigkeiten die damals herrschende Zensur zu unterlaufen.